Wo Frauen in ihrer Würde verletzt werden, erheben wir unsere Stimme.
Die Arbeit der femmes protestantes wurzelt tief in der feministischen Theologie. Sie ist nicht nur ein Thema unter vielen, sondern ein zentraler Bestandteil unserer DNA. Unser Engagement für Geschlechtergerechtigkeit in Kirche, Politik und Gesellschaft entspringt der Überzeugung, dass alle Menschen als Ebenbilder Gottes geschaffen wurden – unabhängig von Geschlecht, Nationalität oder sexueller Orientierung. Wir leben aus einer befreienden Theologie, die patriarchale Strukturen hinterfragt und neu interpretiert und setzen uns für diese ein.
Aufräumen im Erbe der Tradition
Die feministische Theologie hat es sich zur Aufgabe gemacht, jahrhundertealte Deutungsmuster aufzubrechen. Denn die Bibel wurde weitgehend von Männern geschrieben und interpretiert, und viele Auslegungen sind bis heute von patriarchalen Sichtweisen geprägt. Doch das bedeutet nicht, dass die biblischen Schriften als Ganzes frauenfeindlich und ausgrenzend sind. Deshalb brauchen wir eine kritische und zugleich konstruktive Auseinandersetzung, um die befreienden Botschaften der Bibel sichtbar zu machen.
Kontextualisierung und Neuinterpretation
Wir lesen die Bibel nicht als starres Regelwerk, sondern als Sammlung vielstimmiger Texte, die in unterschiedlichen historischen und sozialen Kontexten entstanden sind. Feministische Theologie fragt danach, wer die Texte geschrieben hat, welche gesellschaftlichen Umstände sie prägten und wie sie heute verstanden werden können. Nicht alle Texte sind für unsere Zeit gleich relevant, und einige müssen zudem aufgrund ihrer frauenfeindlichen Inhalte kritisch hinterfragt werden. Das bedeutet auch, gängige Gottesbilder zu dekonstruieren und neue Ausdrucksformen für das göttliche Geheimnis zu finden, die über binäre Geschlechterkategorien hinausweisen.
Traditionen hinterfragen, verborgene Schätze heben
Viele kirchliche Lehren beruhen nicht auf biblischen Aussagen, sondern auf jahrhundertealten Traditionslinien, die von männlichen Theologen geprägt wurden. So ist das Verbot der Priesterinnenweihe oder die angebliche Verdammung homosexueller Beziehungen nicht aus der Bibel selbst abzuleiten, sondern Ergebnis von fortgeschriebenen patriarchalen Deutungen. Feministische Theologie deckt solche Konstruktionen auf und fördert vergessene oder verdrängte Stimmen zutage. Sie macht sichtbar, dass die Bibel voller starker Frauenfiguren ist – von Miriam und Ruth bis zu Phoebe und Maria Magdalena.
Ein prophetisches Amt in Kirche, Politik und Gesellschaft
femmes protestantes begreifen ihre Arbeit als Fortführung dieser theologischen Aufräumarbeit. Wir hinterfragen althergebrachte Normen, loten neue Handlungsspielräume aus und setzen uns für eine Kirche ein, die Geschlechtergerechtigkeit lebt. Unser theologisches Engagement beeinflusst unsere politische und gesellschaftliche Arbeit: Wo Frauen in ihrer Würde verletzt werden, erheben wir unsere Stimme. Die befreiende Kraft der biblischen Traditionen ermutigt uns, Missstände anzusprechen und Visionen einer gerechten Gesellschaft zu entwickeln und in die Diskussionen einzubringen.
Feministische Theologie ist für uns viel mehr als ein akademisches Konzept, sondern ein Auftrag: Sie ist Motor unseres Handelns und Fundament unserer politischen und kirchlichen Arbeit. Denn der Anspruch der biblischen Geschichten ist es, Menschen und Gesellschaft zu verändern – zugunsten eines Lebens in Würde für alle.
Dieser Artikel erstand als kooperatives Schreiben zwischen Vorständin Marianne Weymann und Geschäftsleiterin Jana König.