Geschlechtergerechtigkeit – ein work in progress.
«Die Schweizer Demokratie droht unter der aktuellen Polarisierung, der Polemik und den Manövern der Machtpolitik zu ersticken. Die Stimmbevölkerung ist in Abstimmungskampagnen irreführenden Parolen und falschen Behauptungen ausgesetzt.»
Obwohl die gesetzliche und tatsächliche Gleichstellung seit 1981 in der Bundesverfassung festgeschrieben ist, bleibt dies eine Daueraufgabe in der Schweiz. Auf die Bitte um einen Rückblick auf die Herbstsession des Schweizer Parlaments mit Fokus Geschlechtergerechtigkeit fing ich als erstes an, die Erfolge und Misserfolge zusammenzutragen: ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Individualbesteuerung ist geschafft. Mit der Individualbesteuerung würde die heutige Benachteiligung der Erwerbseinkommen von Ehefrauen korrigiert. Das Parlament hat die Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung verlängert, auch das eine Massnahme für erwerbstätige Eltern. Gleichzeitig beschloss das Parlament aber, gerade am gleichen Ort den Rotstift beim kommenden Sparpaket anzusetzen. Es gelang auch nicht, Mehrheiten zu finden für Anliegen der sexuellen Gesundheit von Frauen oder für eine fairere Aufteilung der Kosten im Zusammenhang mit Geburt.
Wir bleiben dran.
Vor allem aber habe ich in dieser Herbstsession etwas gelernt, was in diesen Rückblick gehört. Es genügt nicht, Frauen ins Parlament zu wählen. Wir brauchen Frauen, die bereit sind, überparteiliche Lösungen zu erarbeiten, resultierende Kompromisse zu erklären und aufwändige Überzeugungsarbeit zu leisten.
Die Schweizer Demokratie droht unter der aktuellen Polarisierung, der Polemik und den Manövern der Machtpolitik zu ersticken. Die Stimmbevölkerung ist in Abstimmungskampagnen irreführenden Parolen und falschen Behauptungen ausgesetzt. Damit wird es anspruchsvoller, sich eine qualifizierte Meinung zu bilden. Die Fähigkeit, Kompromisse einzugehen und den Anliegen von Andersdenkenen Rechnung zu tragen, ist nicht nur Grundlage der Demokratie, sondern auch des Zusammenhalts unserer Gesellschaft.
Etwas muss uns klar sein:
Wenn die Schweizer Politik in Machtkämpfen blockiert ist, dann schadet das vor allem denjenigen, die im Status Quo benachteiligt sind. Die gesetzliche und tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter bleibt eine Daueraufgabe, die wir mit Überzeugungsarbeit und klugen Lösungen angehen.
Nationalrätin Melanie Mettler (GLP), Foto: Raphael Moser
Webseite Melanie Mettler
femmes protestantes politisieren seit Jahren für die Individualbesteuerung. Hier kannst du unsere letzte Vernehmlassung lesen.