Perspektiven für eine faire Altersvorsorge
Am 22. September hat die Stimmbevölkerung mit über 67 % die BVG-Reform deutlich abgelehnt. Ausser bei der GLP stimmte die Basis aller grossen Parteien gegen den Reformvorschlag – ein klares Signal dafür, dass der Entwurf nicht mehrheitsfähig war.
femmes protestantes haben sich im Vorfeld intensiv mit der Reform auseinandergesetzt und tun dies weiterhin.
Gemeinsam mit anderen Frauendachverbänden organisierten wir im November 2023 ein Webinar, in dem Expertinnen die Reform detailliert erklärten. Sowohl eine Befürworterin als auch eine Initiantin des Referendums stellten ihre Sichtweisen dar. Schon damals zeigte sich die Komplexität der Vorlage, ebenso wie die divergierenden Ansichten, die sie auslöste.
Im Juni diskutierte der Vorstand von femmes protestantes die Position der Organisation. Obwohl die Reform einige Vorteile bot, überwogen die Unsicherheiten und Nachteile. Insbesondere Frauen im Tieflohnsektor, die kaum Möglichkeiten haben, ihr Altersguthaben signifikant zu erhöhen, wären benachteiligt gewesen. Zudem erfüllte die Reform nicht die Versprechen, die im Zuge der AHV21 zur Erhöhung des Frauenrentenalters gemacht worden waren.
Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung – der deutliche Entscheid zeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Ähnlich wie das klare JA zur AHV13 im März, signalisiert das Ergebnis, dass viele Menschen die Altersvorsorgeproblematik als gravierend wahrnehmen, sei es persönlich oder in ihrem Umfeld. Ein würdevolles Leben muss sowohl während der Erwerbsarbeit als auch im Alter möglich sein.
Zentral ist die Frage, wie unbezahlte Sorgearbeit in der Altersvorsorge stärker berücksichtigt werden kann – insbesondere in der zweiten Säule. Darüber hinaus müssen die Rahmenbedingungen für Eltern in der Erwerbsarbeit verbessert werden. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gekoppelt an faire Löhne, ist ein Muss. Qualitativ hochwertige externe Kinderbetreuung, die staatlich subventioniert wird, spielt hierbei eine entscheidende Rolle.
Zusätzlich müssen Lösungen für Menschen im Tieflohnsektor gefunden werden, um eine existenzsichernde Altersvorsorge aufzubauen, ohne dass sie während ihrer Erwerbsphase durch zu hohe Abzüge belastet werden. Der Teuerungsausgleich für Pensionskassenrenten und der Koordinationsabzug sollten ebenfalls erneut auf die Agenda kommen.
femmes protestantes werden sich weiterhin aktiv in die Diskussion einbringen, mit dem Fokus auf jene Frauen, deren Löhne am Monatsende kaum ausreichen und deren Altersvorsorge unsicher bleibt. Denn eines ist sicher: Die nächste Abstimmung kommt bestimmt.
Die Theologin und Publizistin Gabriela Allemann ist seit 2019 Präsidentin der femmes protestantes. Die für den Verband gefasste Position zur BVG-Reform findest du hier.