Nr. 2 / 2024

Magazin Standpunkt

Ökofeministische Theologien

Eine ökofeministische Theologie der Erde

Der Klimawandel macht sich auch bei uns immer heftiger bemerkbar: Hitzewellen, die zu Ernteausfällen führen und alte und vulnerable Menschen gefährden, Überschwemmungen und Bergrutsche, die Häuser und Strassen zerstören, massiver Rückgang der Artenvielfalt, der auch unsere menschlichen Lebensgrundlagen bedroht.

Seit Jahrzehnten macht die Klimabewegung auf die fortschreitende Zerstörung der Natur aufmerksam und ruft zu einem Umdenken, einer ökologischen Ethik auf, die auf einer neuen Beziehung zur Natur und einem anderen Lebensstil beruht.

Ökofeministinnen gehen einen Schritt weiter: Sie zeigen, dass in unserer westlichen Kultur ein Zusammenhang besteht zwischen der patriarchalen Unterdrückung der Frau und der Ausbeutung der Natur. Das Wort «Ökofeminismus», das sich aus den beiden Begriffen «Ökologie» und «Feminismus» zusammensetzt, wurde von Frauen geschaffen, um den Kampf für die Würde und Integrität der Frauen mit dem Kampf für den Respekt vor der Natur und ihren Prozessen zu verbinden. Es ist ein Wort, das sich gegen die Unterdrückung der Frauen und der kulturell als «weiblich» qualifizierten Werte und Haltungen sowie gegen die Zerstörung und Ausbeutung des Lebens wendet, die von patriarchalen Systemen weltweit betrieben wird.
 

Ökofeministinnen zeigen, dass die Beziehung zwischen Mensch und Natur ähnlich hierarchisch und gewaltförmig geprägt ist wie die zwischen Mann und Frau. Und weisen darauf hin, dass Frauen weltweit von den Folgen der Umweltzerstörung in besonderer Weise betroffen sind, z.B. als Mütter und als Klein- und Subsistenzbäuerinnen im globalen Süden. Ökofeminismus zielt auf die Beendigung von Strukturen und Beziehungen der Herrschaft und Gewalt im Geschlechterverhältnis und im Verhältnis gegenüber der Natur.

Ökofeminismus

«Der Ökofeminismus setzt der patriarchalischen Sichtweise eine ganzheitliche Sicht der Welt entgegen und betont die Verbundenheit alles Lebendigen.»

Dr. Doris Strahm

Auch Theologinnen entwickeln seit vielen Jahren schöpfungszentrierte ökofeministische Theologien und hinterfragen das traditionelle Menschenbild. Der Mensch wird als «Erdling» (Adam) als Teil der Erde und des Ökosystems betrachtet und nicht als Herrscher über die Geschöpfe, die Erde und ihre Ressourcen, wie es über Jahrhunderte aus dem biblischen Schöpfungsbericht abgeleitet worden ist. Ökofeministische Theologien unterstreichen, dass wir und die ganze Schöpfung Teil eines einzigen Gewebes sind und dass der Mensch ein Lebewesen unter anderen Lebewesen wie den Tieren und Pflanzen ist: Teil eines lebendigen Organismus - verbunden mit der ganzen Erde, den Sternen, dem Sonnensystem und dem ganzen Kosmos. Verknüpft damit ist auch ein neues Gottesbild: Gott wird nicht mehr als das ganz Andere, als höchstes und autonomes Wesen gedacht, das beziehungslos über der Welt und den Menschen steht, sondern als das innig in und mit allem Geschaffenen Verbundene - präsent in der ganzen Schöpfung.

Ökofeministischen Theologien geht es darum, neue, auf Gerechtigkeit und Respekt basierende Beziehungen zwischen Männern und Frauen, zwischen uns und unseren Mitgeschöpfen aufzubauen und unserem gemeinsamen «Haus Erde» Sorge zu tragen. Nicht allein aus moralischer Pflicht, sondern weil wir erkennen, dass wir Teil der Erde, dass wir aufeinander angewiesen und alle in einem gemeinsamen Ursprung zutiefst verbunden sind.

Dieser Text basiert auf einem Vortrag, gehalten in der Titus-Kirche Basel, im Rahmen der Reihe: «Natur – Umwelt – Schöpfung». Der vollständige Text ist hier zu lesen.

Doris Strahm by Dorothee Adrian


Doris Strahm, Dr. theol., feministische Theologin und Publizistin sowie Vizepräsidentin des Interreligiösen Think-Tanks. Webseite Doris Strahm

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Christ:innen für Klimaschutz
Klima-Allianz
AKUT Arbeitskreis Kirche und Tiere
Oeku - Kirchen für die Umwelt